Eigentlich als Entlastung für Pendler gedacht, sorgt das für die Sommermonate geltende, vom Steuerzahler finanzierte 9€-Ticket schon vor dem Start für viel Hohn und Spott in den Medien und viele offene Fragen bei den Reisenden.
Denn obwohl es einfach klingt, dass ihr für 9€ einen ganzen Monat lang alle Nahverkehrsmittel deutschlandweit damit nutzen kann, steckt der Teufel wie so oft im Detail. Und gerade bei Gelegenheitsreisenden im ÖPNV geht die Angst um, etwas falsch zu machen und mit teuren Aufpreisen belegt zu werden.
Wir haben deshalb die wichtigsten Fragen zusammengefasst und für euch beantwortet mit Wissensstand von heute. In einigen Punkten laufen momentan noch Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und den Ländern, so dass wir den Artikel je nach Ausgang später aktualisieren werden.
Wenn ihr weitere Fragen für uns habt, stellt sie uns gern in den Kommentaren.
- Wann gilt das 9€-Ticket?
- Wo kann man das 9€-Ticket kaufen?
- Kann ich das 9€-Ticket an andere Personen weitergeben oder übertragen?
- Wo gilt das 9€-Ticket?
- Wo gilt das 9€-Ticket nicht?
- Was ist, wenn ich schon eine Jahreskarte oder Abo-Monatskarte besitze?
- Welche Regeln gelten für Kinder?
- Welche Regeln gelten für Hunde oder Fahrräder?
- Kann ich einen Sitzplatz reservieren?
- Tipps & Tricks bei vollen Zügen
- Die schönsten Bahnstrecken in Deutschland
Wann gilt das 9€-Ticket?
Verkauft wird das 9€-Ticket im Juni, Juli und August 2022, wobei die Gültigkeit jeweils vom ersten bis zum letzten Kalendertag des jeweiligen Monats gilt. Das bedeutet, dass ihr bei Kauf Mitte Juni nur die restlichen Tage bis 30.6. damit fahren könnt und für Juli ein neues Ticket benötigt.
Wo kann man das 9€-Ticket kaufen?
Nahezu alle Verkehrsbetriebe und Verbünde bieten den Kauf online, am Automaten oder am Schalter an. Teilweise bekommt ihr gleich alle 3 Monate auf einmal, überall aber gibt es die Karte für den jeweiligen Monat auch einzeln.
Kann ich das 9€-Ticket an andere Personen weitergeben oder übertragen?
Das 9€-Ticket ist personalisiert, also an die jeweilige Person gebunden, die auf der Fahrkarte vermerkt ist. Dazu müsst ihr meistens euren Namen auf dem entsprechenden Feld eintragen. Teilweise könnt ihr das auch schon beim Kauf machen.
Theoretisch müsst ihr also bei jeder Fahrt ein Ausweisdokument dabei haben, um im Zweifel beweisen zu können, dass es sich um euer Ticket handelt. In der Praxis wird dies aber wohl eher selten kontrolliert werden, vermutlich nur bei Verdachtsfällen.
Wo gilt das 9€-Ticket?
Fahren könnt ihr mit dem Ticket in allen öffentlichen Nahverkehrsmitteln, was sich in der Theorie erst einmal recht einfach anhört. Neben den Regionalzügen gilt die Monatskarte auch in Stadt- und Regionalbussen, S- und U-Bahnen sowie Straßen- und Stadtbahnen.
Da es sich um ein Ticket nur innerhalb Deutschlands handelt, seid ihr auch auf Bahnhöfe und Haltestellen im Inland beschränkt. Fährt euer Zug oder Bus weiter ins Ausland, benötigt ihr für den Abschnitt von der letzten deutschen Station eine extra Fahrkarte, wenn nicht ausdrücklich anders geregelt. In einigen Fällen starten Züge oder Busse auf deutscher Seite, halten dann während der Fahrt im Ausland und enden nach erneuter Grenzüberquerung in Deutschland. Hier empfehlen wir euch, bei Fahrtantritt die Zugbegleitung bzw. den Fahrer oder die Fahrerin anzusprechen.
Wenn Sonderverkehrsmittel wie Fähren oder Seilbahnen zum Normaltarif in eurem Verbundtarif enthalten sind, solltet ihr sie auch mit dem 9€-Ticket benutzen dürfen. Kosten diese dagegen einen Aufpreis oder haben einen eigenen Tarif, müsst ihr euch eine zusätzliche Fahrkarte besorgen. Für speziellen Bahnverkehr wie die Dampflokbetriebe im Erzgebirge und Harz (außer Brocken) oder an der Ostsee gilt das Ticket meist ebenfalls, da diese mit Subventionen aus Landesmitteln erhalten werden. Näheres dazu findet ihr fast immer auf der Website des jeweiligen Anbieters.
Wo gilt das 9€-Ticket nicht?
Allen voran Fernzüge und Fernbusse sind von der Nutzung ausgeschlossen. Größtenteils betrifft das die ICE und IC der Deutschen Bahn sowie alle Angebote von Flixbus und Flixtrain. Auch ausländische Fernzüge wie der TGV, Thalys,Nightjet oder Railjet dürfen nicht benutzt werden. Auch die EC und ECE-Verbindungen sind ausgeschlossen. Gleiches gilt für alle weiteren privaten Sonderzüge sowie alle Busse, die nicht im Linienverkehr regional unterwegs sind.
Die meisten Suchen der Verkehrsverbünde wie auch der Deutschen Bahn erlauben es euch, nur Verbindungen mit Nahverkehr anzeigen zu lassen, womit ihr fast immer auf der sicheren Seite seid. Zwei wichtige Ausnahmen müssen hier aber trotzdem genannt werden.
Zum einen gelten Nahverkehrs- und Verbundtarife oft auch grenzüberschreitend ins benachbarte Ausland. Das trifft auch das 9€-Ticket wie oben erläutert nicht zu. Ihr benötigt ab der letzten Station vor der Grenze eine zusätzliche Fahrkarte.
Zum anderen verkehren auf einigen Strecken in Deutschland Fernzüge, also ICE, IC, EC, RJ usw., die aufgrund einer speziellen Vereinbarung mit den beteiligten Bundesländern oder Verbünden auch mit Nahverkehrstickets genutzt werden dürfen. Hier gilt das 9€-Ticket im Normalfall nicht.
Allerdings werden viele dieser Verbindungen im betreffenden Abschnitt mit zwei verschiedenen Bezeichnungen geführt, verkehren also zum Beispiel zeitgleich als InterCity wie auch als RegionalExpress, obwohl es sich um den gleichen Zug handelt.
Das hat zur Folge, dass sie bei einer Suche „nur mit Nahverkehr“ auftauchen. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um folgende Streckenabschnitte:
- Stuttgart – Singen – Konstanz (9€-Ticket gültig)
- Bremen – Norddeich Mole
- Rostock – Stralsund
- Erfurt – Gera
- Chemnitz – Dresden
- Elsterwerda – Berlin
- Cottbus – Berlin – Potsdam
- Berlin – Prenzlau
- Iserlohn-Lethmate – Dillenburg
Aktuell verhandelt die Deutschen Bahn mit den betreffenden Ländern und Verbünden eine Anerkennung, im Falle der InterCity von Stuttgart nach Singen und Konstanz mit Erfolg. Auf vielen Strecken handelt es sich auch nur um Einzelzüge und es gibt ausreichend „normale“ Nahverkehrszüge.
Laut Auskunft der DB werden Fernzüge, die auch als Nahverkehr verkehren und in denen das 9€-Ticket nicht gilt, mit einem entsprechenden Hinweis ausgestattet. Zudem sind sie auch daran zu erkennen, dass beim Preis nicht 9€, sondern ein höherer Betrag steht wie unten im Beispiel zu sehen.
Solltet ihr auf einer dieser Strecken unterwegs sein, schaut also in die Details des Zuges oder fragt bei der Zugbegleitung am Bahnsteig bevor ihr Platz nehmt. Wir gehen außerdem davon aus, dass bei Zweifelsfällen Lautsprecherdurchsagen eingeführt werden, sollten sich nicht noch Einigungen finden.
Was ist, wenn ich schon eine Jahreskarte oder Abo-Monatskarte besitze?
Die meisten Verkehrsbetriebe und Verbünde haben ihre Kunden bereits darüber informiert, dass sie für die 3 Monate eine Erstattung bekommen (bei Vorauszahlung) oder der verringerte Betrag eingezogen wird. Genauere Informationen könnt ihr bei eurem Vertragspartner erhalten, über den eure Jahres- oder Monatskarte läuft.
Für den Zeitraum des 9€-Tickets, also von Juni bis August, erweitert sich die Gültigkeit eures Fahrscheins automatisch auf ganz Deutschland zu den Regeln des 9€-Tickets. In eurem Verbund gelten zudem zusätzlich auch die bisherigen Regeln, selbst wenn diese zum Beispiel bei der Kindermitnahme oder Übertragbarkeit über die Bedingungen des 9€-Tickets hinausgehen.
Sollte es im Gültigkeitsbereich eurer Monats- oder Jahreskarte eine der oben genannten Ausnahmen geben, also Fernverkehrszüge, die mit Nahverkehrstickets nutzbar sind, so dürft ihr diese mit eurem auf 9€ heruntergesetztem Fahrschein wie gewohnt weiterhin nutzen, auch wenn sie für das generelle 9€-Ticket ausgeschlossen sind.
Welche Regeln gelten für Kinder?
Die Preise für Kinder richten sich nach dem jeweiligen Normaltarif auf der gewünschten Strecke. Während der reine Bahntarif verbundübergreifend Kinder bis einschließlich 14 Jahren kostenlos als Begleitung von Erwachsenen zulässt, müsst ihr für Kinder ab 6 Jahren in vielen Verbünden schon ein Ticket kaufen, wenn auch zum ermäßigten Preis. Kinder unter 6 Jahren sind dagegen auch in Verbünden kostenlos unterwegs. In der Praxis dürfte es sich entsprechend für Kinder ab 6 Jahren fast immer lohnen, ein eigenes 9€-Ticket zu kaufen. Es sei denn, euer Kind besitzt bereits eine Monats- oder Jahreskarte für den Schulweg.
Welche Regeln gelten für Hunde oder Fahrräder?
Ähnlich wie bei Kindern hängen auch die Bedingungen für die Mitnahme von Hunden oder Fahrrädern von der jeweiligen Strecke ab. Verlangt der betreffende Verkehrsverbund normalerweise einen Aufpreis für Haustiere oder das Rad, müsst ihr für jeden Streckenabschnitt ein entsprechendes Ticket besorgen. Beim Durchfahren mehrerer verschiedener Verbünde bedeutet das eben auch, dass ihr im schlechtesten Fall mehrere Aufpreise zahlen müsst. Bei Zugfahrten verbundübergreifend gelten die Regelungen des jeweiligen Bundeslandes.
Kann ich einen Sitzplatz reservieren?
Leider müsst ihr auf beliebten Strecken in die Urlaubsgebiete besonders an den Wochenenden und bei schönem Wetter mit überfüllten Zügen und Bussen rechnen. Eine Sitzplatzreservierung ist im Nahverkehr nicht vorgesehen und unseres Wissens auch nirgendwo möglich. In vielen Fällen wird es auch Probleme mit der Fahrradmitnahme geben, wenn es im Zug zu voll wird. Selbst wenn diese eigentlich kostenlos ist.
Ob es am Ende wirklich so schlimm kommt, wie aktuell von vielen befürchtet, wird sich wohl bereits über Pfingsten und dann spätestens zu Ferienbeginn oder rund um Großveranstaltungen wie die Kieler Woche zeigen.
Tipps & Tricks bei vollen Zügen
Viele Tricks, den dann vermutlich zumindest streckenweise äußerst vollen Zügen aus dem Weg zu gehen, gibt es leider nicht. Einige Tipps, die schon während der Hochzeiten des „Schönes-Wochenende-Tickets“ nützlich waren, haben wir euch hier zusammengefasst.
Wir empfehlen vor allem, wenn möglich die klassischen Tagestrip-Zeiten am Vormittag (Richtung Urlaubsregion) bzw. späten Nachmittag und frühen Abend (zurück in die Großstadt) zu meiden. Stattdessen lohnt es sich, eine Übernachtung in der Zielregion einzubauen. So könnt ihr hin- und rückzu entspannt über den Mittag reisen, wenn vergleichsweise wenig los ist.
Tendenziell werden vor allem die Wochenenden betroffen sein. Wenn ihr also die Möglichkeit habt, unter der Woche zu fahren, solltet ihr diese nutzen. Besonders dramatisch wird es vermutlich am Freitagnachmittag, wenn Tages- oder Wochenpendler und Ausflügler zeitgleich reisen.
Auch wenn es ein kleiner Umweg ist, die besten Chancen auf einen Sitzplatz habt ihr immer am Startbahnhof des Zuges. So kann es sich lohnen, zum Münchner Hauptbahnhof zu fahren statt in Pasing zuzusteigen. Oder die Züge an die Ostsee schon in Berlin-Südkreuz zu erwarten, statt erst am Hauptbahnhof auf einen Platz zu hoffen.
Verteilt euch über den kompletten Bahnsteig, denn die meisten Reisenden warten in der Nähe der Treppen oder im Ausgangsbereich des Bahnhofs. Ganz vorn oder hinten ist gerade bei längeren Zügen dagegen oft noch viel Platz.
Berücksichtigt bei eurer Planung auch langsamere Verbindungen. Regionalbahnen mit Stopp auf jedem Bahnhof brauchen zwar oft deutlich länger als der verlockende Regionalexpress, sind dafür aber oft auch deutlich leerer. Ob 1 Stunde Stehen oder 90 Minuten Sitzen angenehmer ist, müsst ihr im Zweifel aber natürlich für euch selbst entscheiden.
Schaut euch – auch wenn der Preis von 9€ sehr verlockend ist – trotzdem nach Verbindungen mit ICE und IC oder bei Flixbus und Flixtrain um. Nicht nur, dass ihr dort mehr Platz und Komfort findet, ihr könnt vor allem Sitzplätze reservieren. Und der höhere Tarif lässt sich zumindest bei der DB demnächst mit 10€-Gutscheinen in Haribo-Aktionspackungen zumindest etwas besser verkraften.
Welche Bahnstrecken in Deutschland sind am schönsten?
Aus unserer umfangreichen Erfahrung oder besser Befahrung heraus, empfehlen wir euch folgende Strecken:
- Entlang des Rheins von Köln über Koblenz nach Mainz
- Entlang der Mosel von Traben-Trarbach nach Koblenz
- Von Offenburg oder Freiburg durch den Schwarzwald zum Bodensee
- Von Konstanz entlang des Bodensees nach Lindau
- Von München nach Oberstdorf, Füssen und Mittenwald
- Von Rosenheim vorbei am Chiemsee nach Berchtesgaden
- Von Passau in den Bayrischen Wald
- Von Erfurt aus in den Thüringer Wald
- Von Chemnitz und Dresden ins Erzgebirge und die Sächsische Schweiz
- Durch die Müritz von Waren nach Plau am See
- Von der Insel Usedom auf die Insel Rügen
- Von Hamburg über den Hindenburgdamm nach Sylt
- Von Hamburg durchs Alte Land nach Cuxhaven
- Von Wernigerode durch den Harz nach Nordhausen
- Von Dortmund nach Kassel durch das Sauerland
- Von Köln oder Hagen durch das Siegerland nach Gießen
- Von Köln in die Eifel
- Entlang der Nahe von Mainz nach Saarbrücken
- Entlang der Lahn von Marburg nach Koblenz
- Entlang der Donau vom Schwarzwald nach Regensburg