Mit dem Zug durch Marokko – Erfahrungsbericht mit vielen Tipps, Tricks und Hinweisen

Marokko hat sich in den letzten Jahren auch dank zahlreicher Billigfluggesellschaften zu einem äußerst beliebten Ganzjahresziel entwickelt, das anders als die Türkei oder Tunesien viele Besucher auch individuell entdecken, statt nur eine Woche in einem All Inclusive-Resort zu verweilen.

Gerade Rundreisen sind beliebt, da jede Stadt ihren eigenen Charakter hat und es vor allem zwischen den Städten am Meer wie Casablanca, der Hauptstadt Rabat, Agadir oder Essaouira auf der einen Seite und den Wüstenorten Marrakech, Fes oder Meknes gewaltige kulturelle Unterschiede gibt.

Natürlich kann man sich einfach bei Ankunft einen Mietwagen nehmen und durchstarten. Aber das fühlt sich dann doch manchmal so an als ob man Land und Leute nur wie auf einer Kinoleinwand erlebt, ein bisschen abgeschirmt. Ganz anders ist es, wenn ihr euch mit dem Zug von einer in die andere Stadt fahren lasst.

Wir haben es erlebt und möchten euch etwas daran teilhaben lassen und Lust darauf machen. Denn kompliziert ist es absolut nicht. Dafür sehr authentisch und selbst im Vergleich zur Kostenteilung eines Mietwagens sehr viel günstiger. Und wer sich darauf einlässt, wird auch verwundert sein, wie modern es zuweilen zugeht.

Aber dazu später mehr, starten wir mit einigen Basics

Das Eisenbahnnetz Marokkos reicht von Tanger im Norden bis Marrakech im Süden sowie von der algerischen Grenze im Osten bis Safi im Westen. Die vier Königsstädte Fes, Marrakech, Rabat und Meknes sind allesamt per Zug zu erreichen. Von den touristischen Hauptzielen fehlen also lediglich Agadir und Essaouira, die aber per Bus gut angebunden sind. Die Fahrzeiten entsprechen in der Regel denen, die ihr auch mit dem Auto braucht, da die meisten Strecken in den letzten Jahren gut ausgebaut wurden.

Wer schon einmal in Frankreich mit der Bahn gefahren ist, wird viele Gemeinsamkeiten finden. Das reicht vom Wagenmaterial über die Ausschilderung bis hin zum Namen der nationalen Bahnverwaltung ONCF. Neuerdings gibt es sogar einen Verwandten des TGV, der auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke von Tanger nach Rabat unterwegs ist.

Alle größeren Bahnhöfe sind moderne Neubauten, entsprechend mehrsprachig beschildert und man findet sich problemlos zurecht. Auf den Hauptverbindungen fahren die Züge in der Regel zweistündlich. Zwischen Casablanca und Rabat gibt es zusätzlich regelmäßigen Regionalverkehr, der auch die zentraler gelegene Station Casa Port und den Flughafen der Stadt anbindet.

Auf den Fernstrecken gibt es Reservierungspflicht, was aufgrund der sehr gut genutzten Züge auch gut so ist. Es bedeutet aber auch, dass es passieren kann, dass ihr kurzfristig kein Ticket mehr bekommt oder nur noch getrennte Plätze, wenn ihr mit mehreren Personen zusammen unterwegs seid.

Deswegen solltet ihr euch überlegen, die Fahrkarten vorab online zu bestellen, zumal dies äußerst unkompliziert ist. Leider geht das nur auf Französisch, aber die Seite ist eigentlich selbsterklärend. Ihr müsst euch zwingend ein Profil anlegen dazu. Aber das lohnt sich, denn es gibt auf den meisten Strecken Frühbuchersparpreise für 49 MAD, was weniger als 5€ sind. Nutzt im Zweifel Google Chrome für die Buchung, dort könnt ihr die Seite übersetzen lassen mit Rechtsklick. Alternativ bekommt ihr die Tickets natürlich auch am Automaten und Schalter vor Ort.

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In den Fernzügen gibt es Snacks und Getränke zu recht günstigen Preisen am Platz. Wenn ihr aber nicht gerade längere Strecken wie Fes – Marrakech am Stück durchfahrt, reicht es im Normalfall eine Flasche Wasser als Verpflegung mitzunehmen, da ihr kaum länger als 3 Stunden im Zug sitzt.

Die 1. Klasse ist ein gutes Stück teurer, vor allem im Vergleich zum Sparpreis von 49 MAD. Dafür habt ihr deutlich mehr Platz. Gerade in den Abteilwagen der 2. Klasse geht es mit 8 Personen recht eng zu. Leider hat man zumindest online keine Auswahlmöglichkeit, welcher Platz reserviert wird. In unserem Fall saßen wir als Alleinreisende aber immer am Fenster.

Einige persönliche Erfahrungen

Ob und wann ein Platz reserviert ist, wird im Zug nicht ausgeschildert. Viele Marokkaner setzen sich deshalb auf Plätze, die ihnen am besten gefallen. Bei uns war es aber nie ein Problem, dass sie nach Hinweis auf die Reservierung den Platz freigegeben haben. Entsprechend ist es umgekehrt auch kein Problem, wenn ihr euch auf einen freien Platz setzt, der euch gefällt und dann einfach zurück auf den von euch reservierten, wenn jemand kommt.

Wir haben keine Wagenreihung gefunden, anhand derer man ungefähr weiß, wo am Bahnsteig der reservierte Platz zu finden ist. Und die Züge sind nicht selten bis zu 10 Wagen lang. Am Startbahnhof ist das natürlich kein Problem, an den Unterwegsbahnhöfen fragt einfach das Personal, ob ihr eher am Anfang, in der Mitte oder am Ende des Bahnsteigs stehen solltet.

Die Bahnhöfe sind historisch bedingt fast überall weit außerhalb der Medina, also der Altstadt. In Casablanca und Rabat könnt ihr mit nagelneuen Straßenbahn ein gutes Stück der Strecke abkürzen. Diese fährt in kurzen Abständen, Tickets gibt es für weniger als umgerechnet 1€ an der Haltestelle.

In Marrakech, Fes und Meknes ist dagegen für die meisten das Petit Taxi die erste Wahl. Die Fahrt kostet je nach Verhandlungsgeschick zwischen 15 und 25 MAD, also etwas unter oder über 2€. Wenn ihr sehr gut verhandelt habt, wird der Fahrer versuchen unterwegs weitere Fahrgäste einzuladen, wenn nicht reicht ihm, was er an euch verdient hat.

Uns ist es trotz anders lautender Berichte nicht gelungen, die Fahrer vom Einschalten des Taxameters zu überzeugen. Aber selbst der höchste innerstädtisch verlangte Preis von 25 MAD liegt nicht weit außerhalb dessen, was per Taxameter auch rausgekommen wäre.

In allen genannten Städten gibt es natürlich auch Busse im Stadtverkehr, die in der Regel 4 MAD, also etwa 0,40€ pro Strecke kosten. Es ist aber schon eine große Herausforderung einen Linienplan zu finden, Marrakech ist hier eine Ausnahme. Fahrplan und Takt sind noch komplizierter zu bestimmen, was wohl auch der Grund dafür ist, dass viele Einheimische das Taxi bevorzugen.

Denkt auch bei der Unterkunftswahl daran, dass ihr nicht mal eben vom Riad mitten in der Medina schnell zum Bahnhof laufen könnt. Ein Hotel mitten im Zentrum ist zwar reizvoll, aber viele Unterkünfte sind nicht mit dem Taxi erreichbar, weil sie in engen Seitengasse liegen. Rechnet in solchen Fällen deutlich mehr Zeit ein oder überlegt euch, ob ihr nicht besser in Bahnhofsnähe übernachtet und in die Altstadt pendelt. Hier kommt hinzu, dass auch die öffentlichen Busse von und zum Flughafen nicht in die Altstadt hinein fahren, sondern zum Bahnhof. Ausnahme auch hier Marrakech.

Unserer Erfahrung nach sind die Züge überwiegend pünktlich, wenn man dies nicht sekundengenau misst. An den großen Bahnhöfen gibt es elektronische Anzeigetafeln, die Abweichungen verkünden. An den kleineren werdet ihr Französisch-Kenntnisse dafür benötigen, Personal ist aber auch dort vorhanden. WLAN gibt es an den größeren Stationen, allerdings nicht im Zug.

Das Publikum im Zug ist sehr gemischt, von Geschäftsleuten über Familien und Pendler ist alles dabei, wobei man ausländische Mitreisende nicht jeden Tag im Abteil hat und entsprechend neugierig ist. Sprecht ihr Französisch, wird die Fahrt vermutlich sehr kurzweilig.

Falls ihr auch Erfahrungen gemacht habt und diese mit uns teilen wollt oder Fragen zum Bahnfahren in Marokko offen geblieben sind, schreibt uns gern in den Kommentaren. Natürlich könnt und sollt ihr uns auch generell mitteilen, ob ihr weitere Berichte dieser Art lesen möchtet, was aus eurer Sicht noch fehlt oder was wir verbessern können.

2 thoughts on “Mit dem Zug durch Marokko – Erfahrungsbericht mit vielen Tipps, Tricks und Hinweisen

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